Martha war eine junge Frau, die mit ihrem Leben sehr unzufrieden war, sie fühlte sich schwach und falsch. Alles was sie begann oder anrührte, schien zu Asche zu werden. Sie fühlte sich als Opfer, jenes welches 100-fach mehr leisten musste, um auf die Sonnenseite des Lebens zu gelangen.
Eines Tages, als sie auf dem Weg zur Arbeit war, plagten sie Gedanken darüber wie es heute wohl sein wird. “Wer wird heute wieder auf mir herum hacken?” “Was werde ich heute wohl wieder vergeigen?” Mit einer erdrückenden Schwere, einem Knoten in der Magengrube, hängenden Schultern und schier leblosen Gesichtszügen, ging sie langsam zur Bushaltestelle. Dort, auf den Boden blickend und völlig erschöpft vom Leben, spricht sie plötzlich eine alte Dame an.” Sag mal Kind, bist du nicht die Enkelin von Sigrun Hammerschmied?”
Martha, blickte hoch, sah eine alten, gebückt stehenden Dame mit Gehstock, fragend an. “Ja, die bin ich! Aber ich hab Oma leider nie kennengelernt.”
“Ich war eine sehr gute Freundin deiner Großmutter! Eine so starke Frau gewesen. Ich erinnere mich noch so gut an sie. Sie war immer zur Stelle wenn jemand Hilfe brauchte und hatte so viel innere Kraft und Mut!” Sie sah Martha ganz verwundert an, und fragte “Was ist denn los mit dir mein Kind? Geht es dir nicht gut?” Martha schien die alte liebevolle Dame sehr vertrauenswürdig zu sein und so erzählte sie ihr ein wenig aus ihrem Leben, während beide auf den Bus warteten. Martha erklärte ihr, dass sie nun einmal unter keinem guten Stern geboren worden war und sie nur Pech hatte, sie keiner mochte und ihr niemand etwas zutrauen würde, nicht einmal sie sich selbst. Ihr Leben wäre eine absolute Tragödie und alles andere als sinnvoll und schön.
Die alte Dame hörte aufmerksam zu, ohne Martha nur einmal zu unterbrechen. Als die junge Frau fertig war, ließ sie einen lauten Seufzer von sich und ließ den Kopf wieder hängen.
Die alte Dame griff mit ihrer freien Hand nach Martha’s Kinn, hob ihren Kopf hoch und sagte: “Mein Kind, welchem Irrglauben bist du nur verfallen, und glaubst ihn auch noch?! Hör mir jetzt aufmerksam zu, schließ bitte deine Augen und geh mit mir gemeinsam auf eine Reise.”
Martha tat wozu ihr die alte Dame riet. Sie schloss die Augen und verfiel schnell in eine Art Trance. Während sie den Lärm im Außen gar nicht mehr wahr nahm, begann die alte Dame mit ruhiger Stimme zu reden….
“Während du hier neben mir stehst, fühl den Boden unter deinen Füßen. Fühl die Kraft der Natur und spüre deinen Atem. Atme tief ein!” Eine Minute verging, und die alte Dame sprach weiter: “Stell dir deine Eltern hinter dir vor…. (Zeit verging, Martha nickte)… Und jetzt hinter deinen Eltern deren Eltern….. und dahinter deine Ur-Urgroßeltern,…. dahinter weitere 16,….dahinter 32,….und es geht weiter mit 64,…dann 128,….dann 256,…dann 512 und dann stehen 1024 Menschen hinter dir. All jene, die notwendig waren damit es dich heute gibt. Siehst du wie viele das sind? Spürst du ihre Anwesenheit? Sie alle haben dir Ressourcen mitgegeben damit du heute ein glückliches und erfülltes Leben führen kannst. Kannst du es fühlen?” Martha, begann zu weinen und nickte.” Was wollen dir deine Ahnen sagen? Was gaben sie dir mit”, fragte die alte Dame, Martha.
Martha’s Tränen flossen wie in Strömen über ihre Wangen und sie legte beide Hände über ihr Gesicht, so stark war sie gerade in dem Gefühl verankert. Mit zittriger und leiser Stimme sagte Martha: “Liebe, Kraft, Mut und Lebensfreude!”
“Siehst du mein Kind, welche tollen Geschenke deine Ahnen für dich haben? Kannst du diese Ressourcen jetzt in dir selbst auch wahrnehmen? Fühl mal rein, mein Kind!” Die alte Dame ließ Martha die notwendige Zeit, die sie brauchte. “Ja, kann ich!”, erwiderte Martha schluchzend, während sie versuchte die vielen Tränen, die jetzt noch stärker flossen, wegzuwischen.
Martha blickte innerlich noch einmal auf ihre Ahnen und nahm so viel Liebe und Dankbarkeit war. Sie bedankte sich für die wertvollen Geschenke, während sie in Demut verfiel.
Die alte Dame strich Martha liebevoll übers Gesicht und holte sie damit wieder zurück zur Bushaltestelle. Sie lächelte Martha zufrieden an und sagte: “All das ist deins. Und all deine Ahnen sind immer für dich da wenn du sie brauchst. Scheu davor nicht zurück sie in schwierigen Situationen um Hilfe zu bitten. Sie werden immer für dich da sein!”
Martha holte sehr tief Luft und fühlte sich wie reingewaschen. Bis auf die geschwollenen Augen, die sie vom Weinen hatte, fühlte sie eine noch nie dagewesene Freiheit und Leichtigkeit.
“Ach sieh nur, dein Bus kommt jetzt!”, erwähnte die alte Dame.
Martha holte wieder tief Luft, trocknete ihre Tränen und bedankte sich bei der alten Dame mit einer ganz festen und innigen Umarmung. Als Martha in den Bus steigen wollte und sich nach der alten Dame umdrehte, rief ihr diese noch nach, “Fahr ruhig, ich muss einen anderen Weg gehen um nach Hause zu kommen! Ich wünsche dir von Herzen alles Gute mein Kind. Deine Oma ist bestimmt stolz auf dich!”
Martha stieg in den Bus ein, setzte sich mit einem Lächeln schnell ans Fenster um noch der alten Dame zu winken, ehe der Bus wegfuhr und die alte Dame nicht mehr zu erkennen war.
Den gesamten Arbeitstag erlebte Martha, als stünde sie neben sich. Sie musste immer zu an die alte Dame an der Bushaltestelle denken.
Am Abend, nach getaner Arbeit, fuhr Martha wieder nach Hause und suchte die alte Schachtel, die voller Fotos ihrer Ahnen war, um die Eindrücke der damaligen Zeit wahrzunehmen. Als sie die Schachtel am Boden vor sich ausleerte und ein wenig verteilte, konnte sie ihren Augen nicht trauen. Da war sie, die alte freundliche Dame mit Gehstock von der Bushaltestelle. Am Foto um einiges jünger mit ihren drei Kindern, eines davon Martha’s Mutter. Sie nahm das Foto in die Hand, drehte es um und las den Vermerk “Sigrun Hammerschmid mit Kindern Josef, Maria und Paul 1934”.
Martha, lehnte sich zurück, mit der Fotografie ihrer Oma in der Hand und konnte nicht glauben, was heute an der Bushaltestelle geschehen war. Sie blickte voller Liebe und Vertrauen auf das Bild ihrer Oma. Tränen kullerten erneut ihre Wange runter und sie bedankte sich innerlich für ihren so wertvollen und einzigartigen Besuch.
Seither trug Martha das Bild ihrer Oma Sigrun immer bei sich um nie zu vergessen welche Ressourcen in ihr steckten und dass im Leben alles möglich sei.
Was wurde aus Martha?
Martha, ist heute wie ausgewechselt, eine starke und selbstbewusste junge Frau, die jeden Tag mit einem Lächeln aufsteht und das Leben mit jeder einzelnen Körperzelle genießt.
Sie hat mit der Aktivierung ihrer Ressourcen zu ihrem Traumjob gefunden, öffnete sich für die Liebe und wohnt heute mit ihrem Mann in einer wunderschönen Wohnung in Wien.
Jetzt frage ich dich!
Wie wäre es, wenn wir uns täglich 1min Zeit nehmen, uns aufrecht hinstellen und unsere Wurzeln, all unsere Ahnen, genauso wie Martha, uns bewusst machen und uns dadurch all jenes, welches sie uns mitgegeben haben, herholen, darin eintauchen und daraus wertvolles schöpfen?!
Vielleicht magst du es einmal versuchen…